Lebensqualität  Destination  Strategie 

23.01.2024
uservon Gernot Memmer
Mag. Gernot Memmer

Mag. Gernot Memmer

Managing Partner & Geschäftsführer

Villach, Österreich

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Von nachhaltigen Lebensräumen zu nachhaltiger Kommunikation im Tourismus. Ein K>P Backstage Interview.

In diesem Kohl > Partner Backstage Bericht bespricht Gernot Memmer das Thema nachhaltiger Lebensraum und nachhaltige Kommunikation im Tourismus mit Christian Haselsberger, ehemals Bereichsleiter für Lebensraum und Nachhaltigkeit beim Tourismusverband Wilder Kaiser in Tirol.

Gernot Memmer: In der Lebensraum-Gestaltung ist aktuell viel nachhaltiger Schwung drinnen – stimmst du dem auch zu und wie ist das aus deiner Sicht ganz konkret zu verstehen?

Christian Haselsberger:
Ja, das ist völlig korrekt. Ich habe vor allem in Tirol in den letzten Jahren, seit der „Tiroler Weg“ veröffentlicht wurde, viel Mut in den Regionen verspürt. Aktuell bin ich für meine Forschungsarbeit in den Destinationen unterwegs und merke auch hier, dass viele Initiativen angegangen werden und alle in diese Richtung mitziehen wollen – und müssen. Nicht zuletzt ist sicher auch die gesetzliche Verankerung dafür verantwortlich. Immer mehr merken die Verantwortlichen aber, dass der Megatrend Nachhaltigkeit ohnehin nicht an uns vorbeiziehen wird, was die Motivation auch nachfrage-seitig steigen lässt.

Gernot Memmer: Der Tourismusverband Wilder Kaiser in dem du fast 10 Jahre tätig warst, ist ein Beispiel für die Transformation der Destination Management Organisation (DMO) zur Lebensraumorganisation (LRO) mit Blickwinkel Lebensraum und Tourismus. Was waren die Schlüsselprojekte in Bezug auf Lebensraumgestaltung und Nachhaltigkeit in der Tourismusregion Wilder Kaiser, auf die die Region besonders stolz ist?

Christian Haselsberger:
Diese Aussage schmeichelt sehr. Das unterstreicht auch, wie sehr die Arbeit des TVB Wilder Kaiser unter der Leitung von GF Lukas Krösslhuber in den letzten Jahren diese wichtige Entwicklung angekurbelt und über die Grenzen hinaus sichtbar gemacht hat. Ich denke, das waren zum Teil Projekte, zum anderen Teil aber auch das Management in der Region, damit alle wichtigen Stakeholder mitziehen.
Als erfolgreichste Projekte sehe ich primär den Bereich Mobilität, wo sich in den vergangenen 15 Jahren sehr viel getan hat. Mittlerweile unterstützen wir den Gast in der Anreise bereits mit professioneller Beratung und einem kostenlosen Shuttle direkt zur Unterkunft. Während des Urlaubs ist der Gast mit unseren Mobilitätslösungen wie dem KaiserJet kostenlos mobil. Ein Auto braucht man am Wilden Kaiser nicht mehr.
Weiters waren es Projekte, wie die Kaiserschaft, wo es um attraktivere Arbeitsbedingungen geht oder der Marktplatz Wilder Kaiser, wo regionale Produkte im Fokus stehen. Also nicht nur ökologisch nachhaltige Projekte, sondern auch sozial und folglich ökonomisch nachhaltige Ideen.
Als besonders wirksam – vor allem in Hinsicht auf soziale Nachhaltigkeit – habe ich den Bürgerbeteiligungsprozess „Lebensqualität am Wilden Kaiser“ gefunden. Hier hat man gemerkt, wie sehr die Einheimischen den Tourismus spüren und wie dankbar sie sind, dass sie sich in die Entwicklung der Region und damit des Tourismus einbringen können. Einen Prozess in diese Richtung würde ich auch jeder Destination empfehlen.

Gernot Memmer: In jedem Tiroler Tourismusverband gibt es mittlerweile eine:n Nachhaltigkeitsbeauftragte:n – was beschäftigt diese aktuell am meisten?

Christian Haselsberger:
Zumindest sollte das laut Tiroler Weg so ein, korrekt. Der Nachhaltigkeitskoordinator hat per Gesetz bei der Umsetzung und Erstellung einer Nachhaltigkeitsstrategie zu unterstützen, einen jährlichen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen und die Management-Maßnahmen in der Region voranzutreiben. Damit meint das Gesetz, Informations- und Partizipationsprozesse zu intensivieren und zu lenken, entlang der regionalen Strategie. Ich beobachte immer mehr (ehemalige) Kolleg:innen, die neue Initiativen in diese Richtung starten.
Da tun sich aktuell viele Projekte auf, die sich gezielt dem Thema Lebensraum widmen. Man merkt aber auch, dass sich das je nach Größe der TVBs unterschiedlich entwickelt. (Budget-Frage). Die Nachhaltigkeitskoordinator:innen sind nicht in jedem TVB gleich gut mit Ressourcen und Budget ausgestattet, das hemmt teilweise natürlich die Entwicklungsmöglichkeiten. Ich würde es mit dem Vermietercoaching vergleichen. Als das 2013 startete, war das in vielen Organisationen auch ein Zusatz-Job für bestehende Mitarbeitende. Jetzt gibt es immer häufiger Vollzeit-Coaches oder ganze Teams. Durch die aktuellen Förderungen sehe ich auch die Nachhaltigkeitskoordinator:innen hier auf Erfolgskurs. Und um auf deine Frage konkreter zurückzukommen: Dort, wo sich diese Funktion etabliert, können sich die Koordinator:innen nicht nur um einzelne kleine Projekte kümmern – die ohne Zweifel sehr wichtig sind! – sondern können sich vor allem um das Management in der Destination kümmern. Es braucht tragfähige Strukturen im Lebensraummanagement und mehr partizipative Ansätze. Da sind die Koordinator:innen gefordert.

Gernot Memmer: Das ist ein wichtiger Punkt, der ja auch mit der Kommunikation in die Destination hinein zusammenhängt. Diese braucht, wie du schon sagst, mehr Aufmerksamkeit und auch Partizipation wird wichtiger. Worauf muss man in der Kommunikation zum Gast in Bezug auf Nachhaltigkeit besonders aufpassen?

Christian Haselsberger:
Mittlerweile ist die Sprache, in der wir über Nachhaltigkeit sprechen, eine echte Herausforderung geworden. Nicht nur die passenden Begriffe zu finden, sondern auch darauf zu achten, worüber gesprochen werden soll und worüber nicht. Bei den Gastgebern nehme ich hier viel Unsicherheit wahr.
Ich empfehle immer, einmal in seinen Betrieb hineinzufühlen und anhand aller Facetten der Nachhaltigkeit einen Status quo erheben. Mit der Sammlung an Themen dann folglich ehrlich und selbstbewusst Leistungsbeweise zu beschreiben. Als letzten Schritt dann erst diese kommunizieren.
Besonders wichtig finde ich auch immer, im Bereich der Nachhaltigkeit ohne Superlativ zu arbeiten. Kein Betrieb ist der nachhaltigste, keiner der ökologischste, keiner der CO₂-neutralste. Glaubwürdig ist, wer wahrnehmbare Leistungsbeweise kommuniziert und den Weg skizziert, worauf hingearbeitet wird. Dann tappt man kaum in die Falle, dem Greenwashing bezichtigt zu werden. Darum geht’s auch im Seminar „Nachhaltige Kommunikation im Tourismus“, das wir über Kohl > Partner anbieten.

Gernot Memmer: Welches besonders positive Beispiel hast du in Bezug auf nachhaltige Kommunikation konkret im Kopf?

Christian Haselsberger:
Ich würde hier zwei Beispiele nennen, die ich sehr gelungen finde. Da kommt mir spontan der Böglerhof im Alpbachtal und das Appartement-Haus KaiserMoments in Going. Da finde ich, sie machen vieles richtig. Nicht nur im Haus selbst, sondern auch in der Kommunikation.

Vielen Dank für das Gespräch!

Christian Haselsberger ist Kooperationspartner von Kohl > Partner. Er unterstützt Kunden von Kohl > Partner als Coach, Berater und Trainer mit einer langjährigen beruflichen Laufbahn und vielfältigen Erfahrungen im Bereich der Nachhaltigkeit im Tourismus.
Unser aktueller Tipp für Gastgeber:innen und Mitarbeiter:innen in der Tourismusbranche, die Gäste nachhaltig überzeugen möchten, ist das Online-Seminar mit Christian Haselsberger: „Nachhaltige Kommunikation im Tourismus: Green-Claims und weg vom Greenwashing“.

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